Auf der Suche nach meinem Leben

 

   
       
   

 

 

Kissingen

 

Die ersehnte Stille und Sammlung in Elster wurde unerwartet schnell abgebrochen. Onkel Goerke, der Mann von Tante Ottilie, erkrankte sehr schwer in Kissingen. In dieser großen Sorge und der Einsamkeit in dem fremden Bad rief mich Tante Ottilie zu sich. Ich freute mich helfen zu können, ließ aber meine Mutter, der mein energisches Wesen wohltuend war, nur ungern mit meiner stillen Schwester allein. „Je mehr Menschen die Mama um sich hat, desto fröhlicher ist Mama, das Alleinsein ist Gift für Mamas Zustand.“ Onkel ging es bald besser, Tante freute sich, und ich genoß auch jene Tage in meiner Weise. Meist war ich morgens um 5 Uhr am Brunnen und genoß den herrlichen Morgen. Im Geiste wandelte mein Vater mit mir, der viele Jahre eine Kur in Kissingen gemacht hatte.

Ottilie fuhr von Elster nach Brüssel und Paris, ich von Kissingen nach Amorbach, um meine jüngste Schwester Ottilie abzuholen. Wir trafen Mama mit ihrer alten Freundin Olga Büchler – in der Strickschule mit 5 Jahren waren sie schon zusammen gewesen – und wir 4 verlebten dann schöne Wochen in Garmisch. Tante Olga war sehr gescheidt und sehr musikalisch. Aber wie großzügig war meine Mutter im Vergleich zu ihr! Bei einem herrlichen Spaziergang sagte Olga öfter: „Marie, sieh doch, ob meine Rockzipfel nicht schleppt.“ Worauf meine Mutter schließlich prompt antwortete: „Ich seh nach der Berge Gipfel und nicht nach der Röcke Zipfel.“ Tante Olga hat meine Mutter lang überlebt. Sie ist 94 Jahre geworden und nur durch Unglücksfall (Gas) gestorben. Ich habe sie in späteren Jahren sehr geliebt und stets in Stuttgart aufgesucht. Sie war im Herbst 1902 bei uns und sie hat als erste meine griechischen Studien unterstützt. In Garmisch habe ich vom Garten aus den Waxenstein gemalt, das Ölbildchen145 hängt heute noch in meinem Zimmer, und eine andere Erinnerung ist eine von mir übermalte Photographie: Liesel und ich als bayrische Tirolermädel anlässlich eines Festes in der dortigen Tracht146. Wir waren sehr stolz, daß man uns für echt hielt. Die unauslöschlichste Erinnerung ist aber das Erlebnis des Hochgebirges. Bei Dunkelheit waren wir von Berlin her in Garmisch angekommen und am andern Morgen nach einer schweren Gewitternacht, standen unvermittelt die gewaltigen Bergriesen vor meinen Augen.


Garmisch, Blick auf Zugspitze, Hellenthal, Waxenstein und Zugspitze
(Bildkarte von 1907)


Marie Lemke (rechts), mit ihrer Schwester Elisabeth im Allgäu
(Foto, mit Ölfarben übermalt, bei Jost Schaper)

 

Von Garmisch ging es am 14. August nach München. 2 Monate waren wir nun schon unterwegs. Wir wohnten in dem vornehmen Hotel Leinfelder, und schwelgten nach dem Naturgenuß in Elster und Garmisch nun in Kunstgenüssen. Man ist ja in München von Kunst umgeben, ob man auf den Straßen bummelt oder eine der vielen Ausstellungen besucht. Ich wurde gar nicht müde und genoß geradezu meine Genußfähigkeit. Neue ungekannte Lebensfreude packte mich. Es war eine vollkommen andere Atmosphäre als in Berlin. Dort erdrückte die Großstadt den einzelnen Menschen, man wurde gleichsam zur Masse geschlagen, hier in München war der (vollen) Entfaltung der individuellen Kräfte voller Spielraum gelassen, ja die noch schlummernden Kräfte und Empfindungen wurden zum Leben erweckt; auch die ganze Haltung war frei und unbekümmert. Wie eigenartig war es mir, daß man auf der Straße ruhig schmausen konnte. Keiner scherte sich um den andern, jeder ließ den andern gewähren, man machte auch Toilette nicht weil man mußte, sondern um des eigenen Wohlbefindens halber. Mein gesteigertes Daseinsgefühl hat wohl seinen Niederschlag gefunden in dem Wort: „Dulce est desipere in loco147, das als zweites Motto über dem Tagebuch dieses Jahres steht. In Latein war ich bis dahin nur Autodidakt. Meine Mutter hatte ihre Freude an München und dazu noch an uns beiden Töchtern. Wir waren vormittags in der Jahresausstellung gewesen, und beim Abendessen fragte meine Mutter, ob wir wohl noch 12 Bilder mit Titel und Künstlernamen nennen könnten. Wir brachten es in Kürze auf 80. Hier in München fällt zum ersten Mal in meinem Tagebuch das Wort: „Ich bin glücklich, aber mein Vater fehlte mir auch hier.“


Und denkt der Guten, die um schöne Stunden
vom Glück getäuscht von mir hinweggeschwunden
148.“


Am 17. August verließen wir München. Berlin fiel nun natürlich gegen all das, was wir erlebten und gesehen hatten, sehr ab. Nicht die Dinge waren es, die mich hier belebten, sondern die Menschen und die heimatliche Atmosphäre. Schon das Klatschen der Hufe auf dem Berliner Asphalt klang so vertraut und rief die Ankunft in Berlin und damit die erwartungsvolle Reisestimmung wach. Ruhig und befriedigt blickte ich auf die Reisewochen zurück. Mein Körper war gestärkt, meine Wandersehnsucht gestillt, mein Wesen gefestigt, ich freute mich auf das zu Hause und die Arbeit.

Tagebuch: „Ich will diesen Winter recht fleißig sein, um viel zu leisten und weiter vorwärts zu kommen, denn diese Reise hat mich ganz der Welt zurückgegeben und zu großem Eifer angeregt. Ich sehe nun ein, daß wir durch Versenken in den eigenen Schmerz der Mama mehr schaden als nützen; nur durch Fleiß und Anregung gestalten wir Mamas Leben derart, daß sie sich auch über uns freuen kann.“

So kehrte ich denn heim „ohne Wunsch und ohne Schmerz“, wie mich selbst damals ausdrückte.

Es sollte das letzte Mal sein!

Aber nicht lange sollte mein Seelenleben so unbeschwert von Wünschen und Schmerzen bleiben.

Schon mit 12 Jahren hatte ich mir in einem Heftchen 7 Rubriken gemacht für 7 Sprachen und den Plan geäußert vergleichende Sprachwissenschaft zu studieren. So hoch verstieg ich mich später nicht, aber daß ich studieren wollte stand bei mir fest, wenn, ja wenn ich nicht liebte und heiratete. Damals schien mir diese Alternative noch unumgänglich, daß sich beides vereinen ließe war für die Menschheit meiner Zeit, fin du siècle149, eine Undenkbarkeit. Aber wie zum Abitur kommen! Ich besinne mich, wie alarmierend die Nachricht auf mich wirkte, in Breslau sei ein Mädchengymnasium eröffnet. Als ich davon sprach in Zusammenhang mit mir, wurde ich nur ausgelacht. Jetzt erfuhr ich daß Gymnasialkurse für Frauen und Mädchen auch in Königsberg liefen. Sofort ging ich hin mich anmelden; aber meine Mutter wies den Gedanken zurück mit den Worten „dann kriegst du vollends keinen Mann“. Das „vollends“ bezog sich wohl auf meine Energie und meine geistigen Interessen. Ich sollte erst kochen lernen, richtig schneidern und Klavier üben. Ich mußte verzichten und beschloß, wie der Märchenprinz um seine Geliebte, um mein geliebtes Abitur zu dienen. So fasste ich denn meinen bestimmten Plan:

Kolumbus

Steure, mutiger Segler! Es mag der Witz dich verhöhnen,
Und der Schiffer am Steur senken die lässige Hand.
Immer, immer nach West! Dort m u ß die Küste sich zeigen,
Liegt sie doch deutlich und liegt schimmernd vor deinem Verstand.
Traue dem leitenden Gott und folge dem schweigenden Weltmeer,
Wär sie noch nicht, sie stieg jetzt aus den Fluten empor.
Mit dem Genius steht die Natur in ewigem Bunde,
Was der eine verspricht, leistet die andre gewiß.

Friedrich Schiller (1795)

Tageb: 14. Sept. 1900 „Kbg. 14 Sept. Wiederum zu Hause und eingelebt. Ich wollte nur der Papa wäre bei uns und der Tag hätte 48 Stunden. Ich bin aber auch so zufrieden, denn ich habe nun meinen bestimmten Plan. In diesem Jahr treibe ich weiter Klavier und malen und Latein und lerne die Küche. Im nächsten Winter kommt noch einmal Schneidern dazu und im Herbst 1902 besuche ich die Gymnasialkurse bis zu meinem 26 sten Jahr, dann mache ich das Examen und gehe ins Ausland studieren. Dann bin ich auch alt genug, um nicht einseitig zu werden, nach all dem, was ich vorher gelernt und gesehen habe. Aber das steht fest, daß ich studiere, wenn ich nicht heirate, aber auf einen Mann warte ich nicht und nehme erst wen.“ Der Zufall wollte es, oder stand „mit dem Genius die Natur im Bunde150?“ daß ich tatsächlich im Herbst 1902 auf die Gymnasialkurse ging; aber ganz andere Dinge und Erlebnisse standen zwischen diesem 14. Sept. 1900 und dem 14. Sept. 1902, als mir hätte träumen lassen!

So nimm denn meine Hände und führe mich
bis an mein selig Ende und ewiglich.
Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt:
Wo du wirst gehen und stehen, da nimm mich mit.

In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz
und mach es endlich stille in Freud und Schmerz.
Lass ruhn zu deinen Füßen dein armes Kind;
es will die Augen schließen und glauben blind.

Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht,
du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht:
So nimm denn meine Hände und führe mich
bis an mein selig Ende und ewiglich!

Gustav Knack

Der Winter, der jetzt folgte, hat mir immer geschienen, wie ein Kampf zwischen Wissen und Glauben. Die zwei Seelen in meiner Brust waren Wissensdrang und Liebebedürfnis. Ich hatte schon vom Baum der Erkenntnis gegessen und sehnte mich doch danach, sagen zu dürfen, „so nimm denn meine Hände und führe mich151.“ Ich bin erst sehr viel später darüber zur Klarheit gekommen, daß diese zwei Seelen nur dann nicht miteinander streiten, wenn der Wissensdrang in der Welt der Wirklichkeit, das Liebebedürfnis seine Befriedigung in der Welt der Metaphysik sucht. Geahnt habe ich diese Tragik der denkenden Frau aber schon.

Tagebuch: „Sagt man sich einmal von der Vormundschaft los, so ist an ein Zurückkehren nicht mehr zu denken; man ist frei, aber auch oft sehr allein. Denn am glücklichsten ist ein Weibszimmer, wenn es sich anlehnen kann, steht es auf eigenen Füßen geht ihm der „unsichere Reiz“ verloren, der ihm gut steht und den Mann entzückt.“

Das habe ich immer bestätigt gefunden und damit zugleich bedauert, an einer Stelle zu stehen, wo ich selbstständig sein muß.


Genslack! Bald nach der Heimkehr fuhren Elisabeth und ich noch für einige Tage zum Besuch zu Müllers, den Besitzern des Gutes Genslack. Von Zeit zu Zeit das rollende Rad der Zeit anzuhalten und einen Blick in die Vergangenheit tun, ist sehr wertvoll. Man genießt dabei ein doppeltes Glück. Das Wiedersehen der Stätten, wo wir glückliche Tage verbracht haben, ruft jene Zeiten beseeligend wach und zugleich werden die Dinge in uns und wir selbst uns gegenständlich. Wir setzen uns gewissermaßen von den Menschen und Dingen um uns ab, die bis dahin mit uns unauflösbar verbunden waren. Die eigene Wandlung wird uns deutlich an der Wandlung der Umgebung bewusst und wenn es Stätten der Kindheit sind, die wir aufsuchen, hat solch ein Wiedersehen eine die Sehnsucht heilende Wirkung. Wir ziehen gleichermaßen Schlussstrich unter das Erleben, wenn wir entdecken, daß das wonach wir Heimweh hatten, gar nicht mehr da ist. So ging es mir in Amorbach, so sollte es mir auch in Genslack gehen. „In idem flumen non bis descendimus.“ Mir, die ich bis dahin in einem sich kaum merklich sich wandelnden Milieu gelebt hatte, war allein schon die äußere Wandlung ein Erlebnis.

20.Sept. 1900. „Wieder in den alten Räumen, dem alten Garten, mit gleichen Menschen, und doch unter so ganz anderen Bedingungen! Wir nehmen auf der Bahn Abschied von Mama und fahren nun dieselbe Strecke, die wir fröhlich und traurig so oft gefahren sind. In Lindenau ist alles, wie einst. Die Linden und die Haselnußsträucher stehen an derselben Stelle uns freundlich grüßend, und der Hügel des Backofens mutet mich heimisch an aus der Zeit der Kindheit wo wir zum Ärger der zerzausten Wirtin auf und niederliefen, wenn uns die Zeit zu lang wurde bis das Gepäck in den Klapperwagen geladen war. Nun steht Gegenwart und Vergangenheit in stetem Wechsel. Ich sehe mich nach den Koffern, Kisten und Kasten um und will gerade: „Tengler“ (unser alter Kutscher) rufen, da fährt der Müllersche Wagen vor und Frau Müller sagt: „Bitte steigen Sie ein!“ Ich bin schweigsam auf der Fahrt, habe ich doch viel zu tun, mir all die Einzelheiten ins Gedächtnis zu rufen, die den Weg so vertraut und lieb gestalten, vom „schönen Ausblick“ und „malerisch schönen Baum“ bis zu der Stelle, wo meine jüngster Bruder ferientrunken den Herrn „Hahn“ durch Hutabnehmen grüßte. Nun sind wir angelangt. Alles wie sonst. Dasselbe hübsche Landhaus, dieselben frostigen Zimmer, dieselbe Unordnung. In unseren Räumen aber zeugt nur noch die Tapete davon, daß gute Menschen hier gern weilten und noch atmet ein freundlicher Geist in diesen Räumen. Wir durchwandern den Park, und auch hier merkt man, daß 14 Kinderfüße ihn nicht mehr belebten. „Die Schlucht sieht grausig aus.“ meint Frau Müller, aber ich sehe nur 3 halbrassige Mädel frisch und froh in dem kurzen Kraut des Frühlings den Bach entlang wandeln. Jetzt ist ein Turnier, und nun springen Banditen hervor, und Alberto und Königin Viktoria fallen ihnen zum Opfer. Jetzt überschreiten wir das Bahngeleise und vergeblich suche ich ein plattgedrücktes Pfennigstück; die Treppe zum Pavillon ist zerfallen, der Weg zugewachsen. Vom Pavillon selbst ist keine Spur zu sehen. Wie viele Namen waren da eingeritzt! Wir glaubten uns zu verewigen und keine Spur von unseren Schriftzeichen ist mehr da!

Unten am Pregel ergreift es mich noch einmal mit unendlicher Gewalt. Der Pregel fließt dahin ruhig und silberglänzend, wie einst, die Wiesen liegen da in den ruhigen, abgetönten Farben des Herbstes und die Schifflein ziehen dahin mit den blinkenden vom Wasser besprengten Segeln. Ein Dampfer pfeift – was sagt mir alles dieses Tuten, Wellen schlagen an die Pregelufer; einst bespülten sie muntere Kinderfüße - - -.“

Chidher, der ewig junge, sprach:

Ich fuhr an einer Stadt vorbei,
Ein Mann im Garten Früchte brach;
Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei?
Er sprach, und pflückte die Früchte fort:
Die Stadt steht ewig an diesem Ort,
Und wird so stehen ewig fort.

Und aber nach fünfhundert Jahren
Kam ich desselbigen Wegs gefahren.

Da fand ich keine Spur der Stadt;
Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei,
Die Herde weidete Laub und Blatt;
Ich fragte: Wie lang ist die Stadt vorbei?
Er sprach, und blies auf dem Rohre fort:
Das eine wächst wenn das andere dorrt;
Das ist mein ewiger Weideort.

Und aber nach fünfhundert Jahren
Kam ich desselbigen Wegs gefahren.

Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug,
Ein Fischer warf die Netze frei:
Und als er ruhte vom schweren Zug,
Fragt ich, seit wann das Meer hier sei?
Er sprach, und lachte meinem Wort:
Solang als schäumen die Wellen dort,
Fischt man und fischt man in diesem Port.

Und aber nach fünfhundert Jahren
Kam ich desselbigen Wegs gefahren.

Da fand ich einen waldigen Raum,
Und einen Mann in der Siedelei,
Er fällte mit der Axt den Baum;
Ich fragte, wie alt der Wald hier sei?
Er sprach: Der Wald ist ein ewiger Hort;
Schon ewig wohn ich an diesem Ort,
Und ewig wachsen die Bäum hier fort.

Und aber nach fünfhundert Jahren
Kam ich desselbigen Wegs gefahren.

Da fand ich eine Stadt, und laut
Erschallte der Markt vom Volksgeschrei.
Ich fragte: Seit wann ist die Stadt erbaut?
Wohin ist Wald und Meer und Schalmei?
Sie schrien, und hörten nicht mein Wort:
So ging es ewig an diesem Ort,
Und wird so gehen ewig fort.

Und aber nach fünfhundert Jahren
Will ich desselbigen Weges fahren.

Friedrich Rückert

Tagebuch: „Gestern waren wir am Mühlenteich! Mir fällt „Cidher152, der ewig junge“ ein. Kein Teich, Keine Bank, kaum Weg und Steg.“

Meine Auffassung, die Menschen machen alles aus, die Gegend und die Sachen nicht, bewahrheitet sich auch hier. Papa, Mama, Mlle, die Schwestern und Brüder, Tante Marie, Tante Gretchen, sie sind alle nicht mehr hier und ich? bin ich nicht eine ganz andere geworden? In Königsberg beschlich mich oft eine bange Sehnsucht nach meinem Kindheitsparadies, nun ich hier bin, ist sie fast verschwunden. Ohne Wehmut kann ich jetzt den Tag genießen, wie er sich beut. Und so war denn die schönste Stunde nach langer Zeit als Liesel153 und ich auf dem Pappelberg saßen. Der Wind zaust in den Haaren, die Pappeln rauschen wehmütig, vor uns die weite Fläche, wonnige Herbstluft, und Liesel und ich allein mit unserer Liebe, die nicht leidenschaftlich fordernd, sondern sanft und ruhig gibt, um wieder Liebe in sich aufzunehmen. Solche Stunden sind es, die über manche Trübsal hinweghelfen.“

Wir Schwestern liebten uns sehr, und ich besinne mich nicht auf einen ernsthaften Streit oder Zank, und wenn ich die Tagebuchblätter von Tilusch lese, ist es mir nur leid, daß ich die warme Zärtlichkeit der „beiden Kleinen“ infolge meines Tätigkeitsdranges nicht noch wärmer erwidert habe. Meine Mutter hatte Mutterzärtlichkeit nicht gekannt und war zu ihren Kindern auch trotz aller Liebe, nicht zärtlich. Erst viel später durchdrang die Liebe die anerzogene Zurückhaltung. Neben den Schwestern gab mir die ersehnte Wärme meine Freundin Martha Gillet, die inzwischen aus Amsterdam zurückgekehrt war. Auch eine Liebesepisode war die Folge meines überquellenden Herzens.






145 Verbleib unbekannt

146 Bild vermutlich bei Jost Schaper

147 Angenehm ist es, in passender Situation ein Narr zu sein [Horaz, carmina 4, 12, 28]

148 Johann Wolfgang Goethe, Faust – eine Tragödie, Kapitel Zueignung

149 Ende des Jahrhunderts

150 Zitat aus dem Gedicht Kolumbus von Friedrich Schiller

151 Zitat aus einem Gedicht von Gustav Knack

152 Chidher von Friedrich Rückert (* 16. Mai 1788 in Schweinfurt; † 31. Januar 1866 in Neuses bei Coburg; Pseudonym Freimund Reimar), deutscher Dichter, Übersetzer und einer der Begründer der deutschen Orientalistik.

153 Schwester Elisabeth






 

 

 

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